Die Bauindustrie sieht sich mit Ressourcenknappheit, Materialengpässen und Lieferkettenproblemen konfrontiert. Ein Um- und Weiterdenken hin zu einer verbesserten Kreislaufwirtschaft am Bau ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen dringend nötig. Neue Denkanstöße dienen als Lösungsansatz dafür, die Energiebilanz der Bauwirtschaft erheblich zu verbessern. Welche Vorteile eine moderne Kreislaufwirtschaft bietet und welche Entwicklungen beim Thema Recycling aktuell diskutiert werden, zeigt die BAU 2023.
Als das Thema der Stunde beschäftigt Nachhaltigkeit die gesamte Baubranche. Immer größer wird der Zugzwang, sich für nachhaltige Alternativen zu entscheiden. Ein Paradigmenwechsel muss her: weg von der linearen Wirtschaft hin zur Circular Economy. Denn die Baubranche verbraucht so viel Ressourcen und produziert so viel Abfall wie kein anderer Industriesektor: Sie ist für 40 Prozent aller CO2-Emissionen sowie ein Drittel des Abfallaufkommens in Europa verantwortlich.
Bei einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft im Bau steht die ständige Wiederverwendung von Produkten und Rohstoffen im Fokus. Die Hauptziele liegen darin, Ressourcen zu sparen und Abfälle so weit wie möglich zu reduzieren. Denn die primären Baustoffe werden immer knapper. Recycling von Baumaterialien ist hier ein wichtiger Faktor: Das Leitprinzip heißt Cradle-to-Cradle und bedeutet übersetzt “von der Wiege zur Wiege”. In diesem unendlichen Zyklus gehen alle Rohstoffe und Materialien nach der Verwendung zu 100 Prozent zurück in den biologischen und technischen Rohstoffkreislauf und werden wiederverwendet. Um die natürlichen Ressourcen zu schonen und die Kreislaufwirtschaft im Bau zu stärken, braucht es zudem Ersatzbaustoffe.
Um der Rohstoff- und Baustoffknappheit entgegenzuwirken, sind neue Verordnungen bereits auf dem Weg. Laut der europäischen Bauprodukteverordnung sollen rezyklierbare und durch Recycling gewonnene Materialien häufiger verwendet werden als konventionelle Baustoffe. Obwohl das Potenzial für Rezyklate erkannt ist, kommt Recycling von Baumaterialien noch zu selten zum Einsatz. Ein Beispiel: Bau-Kunststoffrohre, die nur zu sieben Prozent als Recycling-Produkt genutzt werden. Das Potenzial für Rezyklate ist groß, das bestätigt eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie. Diese hat bereits Standards und Vorgaben für Recycling von Baumaterialien ausgearbeitet und bahnt damit den Weg für die Kreislaufwirtschaft in der Bauindustrie.
Das Recyclingpotenzial klassischer Baustoffe wie Beton, Holz, Gips, Ziegel, Glas, Sand, Metall und Kunststoff ist allerdings bislang noch wenig erforscht. Hier steht die Baubranche vor einer großen Herausforderung – nicht zuletzt, da Baustoffe vor den Recyclingprozessen erst getrennt werden müssen. Hilfreich ist hierbei das Urban-Mining-Prinzip, das dem Grundgedanken einer Circular Economy folgt, bei der die Wertschöpfungsketten ökonomisch und ökologisch so nachhaltig und effizient wie möglich gedacht werden.
Urban Mining verfolgt den Ansatz, dass Städte wertvolle Materiallager sind, die es zu sichern gilt. Die Trennung muss hier von Anfang an mitgedacht werden. Diese schon vorhandenen Sekundärrohstoffe – ein Beispiel ist Bauschutt – weiter, neu oder anders zu verwenden, ist die Leitidee. Aktuell werden nur rund 20 Prozent der recycelten mineralischen Baustoffe als Gesteinskörnung in der Asphalt- und Betonherstellung eingesetzt. Der Großteil landet im Straßen- und Erdbau, jedoch nicht im Hochbau.
Ein Ausblick: Langfristig werden nicht nur recyclingfähige, sondern auch nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Bambus, Flachs, Lehm oder Hanf die konventionellen Baumaterialien in einigen Bereichen ersetzen, soweit es die Materialbeschaffenheit zulässt.
Als Teil einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Bau, im Sinne der Circular Economy, verfolgt Urban Mining dieselben Ziele: Ressourcen sparen, Energiebilanz verbessern, weniger Abfall produzieren und die Rohstoffabhängigkeit minimieren.
Ein anderer Lösungsansatz ist der nachhaltige Rückbau. Er sorgt dafür, dass Gebäude schadlos in den Energie- und Materialkreislauf zurückkehren. Diese Strategie zur Abfallvermeidung beinhaltet im Wesentlichen drei Punkte: