Das Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ an der TU München unter der Leitung von Prof. Thomas Auer und Prof. Florian Nagler stellt die gängige Praxis, auf hochtechnologische Bauteile zu setzen, in Frage. Stattdessen wurde untersucht, ob einfache, robuste Baustoffe im realen Betrieb mit Hightech-Varianten mithalten können. Der Performance Gap – der Unterschied zwischen den im Labor ermittelten Kennzahlen und den tatsächlichen Leistungswerten – ist gerade bei komplexen Bauteilen besonders ausgeprägt. Hier setzte das Pilotprojekt an, um alternative Ansätze zu erforschen.
Die Architektur von „Einfach Bauen“ basiert auf einschaligen Wandkonstruktionen, die auf zusätzliche Dämmstoffe und komplexe Technik verzichten. Als Testobjekte dienten drei baugleiche Mehrfamilienhäuser, die aus unterschiedlichen Materialien wie Massivholz, Leichtbeton und hochwärmedämmendem Mauerwerk errichtet wurden. Während im ersten und zweiten Teil des Forschungsvorhabens Strategien für energieeffizientes, einfaches Planen, Bauen und Messen sowie ein Messkonzept für ein Langzeitmonitoring entwickelt wurden, werden im dritten Teil des Forschungsvorhabens „Einfach Bauen 3 – Messen, Validieren, Rückkoppeln“ die durch Messungen und Befragungen gewonnenen Daten überprüft. Nach zwei Jahren Messungen an drei Forschungshäusern in Bad Aibling zeigt der Abschlussbericht die Ergebnisse zu Energieeffizienz und thermischer Behaglichkeit.
Die Messungen des thermischen Komforts konzentrierten sich auf das jeweils oberste Geschoss der Häuser, um auch ein Worst-Case-Szenario mit möglicher sommerlicher Überhitzung zu analysieren. Es zeigte sich, dass der positive Effekt der thermischen Trägheit im Leichtbetonhaus am größten ist, was die Behaglichkeit erhöht und Überhitzung verhindert, während das Massivholzhaus als einzige Konstruktion einen außenliegenden Sonnenschutz an den Fenstern der Westfassade benötigt, um sommerliche Überhitzungsstunden auszuschließen. Hinsichtlich der Raumluftfeuchte schnitt das Massivhaus am besten ab. Die Frage, ob die Annahmen aus der Simulation auch bei der tatsächlichen Nutzung eintreten, kann durch die Messungen bejaht werden. Der Validierungsprozess hat jedoch gezeigt, dass die Umgebungsverschattung durch Bäume und Nachbargebäude in der Messung einen großen Einfluss auf die thermische und visuelle Behaglichkeit hat, der zukünftig in der Simulation berücksichtigt werden sollte.
Der Heizenergieverbrauch lag bei allen drei Häusern unter den nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) berechneten Werten. Am besten schnitt das Massivholzhaus ab, was aber auch auf das sparsame Heizverhalten der Nutzer zurückzuführen ist. Überraschenderweise verbrauchte das Mauerwerkhaus aufgrund des ineffizienten Heiz- und Lüftungsverhaltens der Bewohner mehr Energie als erwartet. Da auch durch die Übernahme der Miet- und Nebenkosten kein Anreiz für energiesparendes Verhalten bestand, hat das tatsächliche individuelle Nutzerverhalten einen erheblichen Einfluss auf das Raumklima.
Die Erkenntnisse aus den drei Forschungsprojekten fließen in den Leitfaden „Einfach Bauen“ ein, der die im Forschungsprojekt erarbeiteten Grundlagen für alle Interessierten zusammenfasst. Ausgehend von den Projektparametern und deren konkreter Umsetzung im Pilotprojekt Bad Aibling bietet der Leitfaden wertvolle Einblicke in die Strategie hinter "Einfach Bauen" und eine Handlungsanleitung für weitere Umsetzungen.