Fünf Tage voller Inspiration, Innovation und Fachwissen: Die BAU 2025 war nicht nur eine beeindruckende Messe, sondern begeisterte auch mit einem erstklassigen Rahmenprogramm – über 200 Vorträge auf verschiedenen Bühnen boten spannende Einblicke in die Zukunft des Bauens.
Wir präsentieren Ihnen ausgewählte Themen und Referenten, die maßgebliche Impulse setzen. Den Auftakt macht Prof. Dr. Anupama Kundoo, die mit ihrer materialbewussten und nachhaltigen Architektur neue Wege aufzeigt.
Prof. Dr. Anupama Kundoo
Leiterin des Fachgebiets “Making Matters” Architecture and Design Methods an der Technischen Universität Berlin
Der Slogan "Making Matters" bringt das architektonische Denken der indischen Architektin Anupama Kundoo auf den Punkt: Nicht nur das fertige Gebäude zählt, sondern vor allem der Prozess des Bauens selbst. Ihre Arbeit zeigt, dass Materialien, Handwerk und nachhaltige Bauweisen eine wesentliche Rolle für die Zukunft der Architektur spielen. Durch die Verbindung traditioneller Techniken mit innovativen Ansätzen entwickelt sie ressourcenschonende und sozialverträgliche Lösungen und stellt die Frage, wie Architektur die universelle Sehnsucht des Menschen nach Zuflucht, Sinn und sozialem Engagement erfüllen kann.
Der bewusste Einsatz von Materialien, handwerkliche Traditionen und nachhaltige Bauweisen standen auch im Mittelpunkt ihres Vortrags auf der BAU 2025, in dem sie ihre Forschung zu materialwissenschaftlichen, ökonomischen und sozialen Aspekten des Bauens vorstellte.
Sie wies darauf hin, dass faszinierende Bauwerke schon immer nicht unbedingt auf Materialinnovationen beruhten. Ähnlich dem Konzept „from farm to fork“ in der modernen Küche stehen weniger die außergewöhnlichen Materialien im Vordergrund als vielmehr die exotischen Rezepturen, die eine immer wieder neue Umsetzung ermöglichen. Auch hob Kundoo besonders die Bedeutung der menschlichen Zeit als Ressource hervor und reflektierte darüber, wie der Zeitwert des Geldes zu codebasiertem Design und industrialisierter Produktion von Gebäudekomponenten - und manchmal ganzen Gebäuden – führt. Es muss genau geprüft werden, wo Standardisierung und Massenproduktion sinnvoll sind und wo sie tatsächlich nur zu einer nicht nachhaltigen Praxis beitragen. Auch das Thema Überregulierung wurde angesprochen – denn nicht alle Vorschriften sind sicherheitsrelevant, sondern basieren auf Gewohnheiten.
Projekte wie das “Wall House” oder ihre Forschungen zu Lehmziegeln und Low-Tech-Bauweisen zeigen, dass Architektur nicht nur gestalten, sondern auch positive ökologische und soziale Auswirkungen haben kann. Ihre Forschung zeigt praktische Wege auf, wie nachhaltige Architektur mit gesellschaftlichem Mehrwert gestaltet werden kann.
“Making Matters” bedeutet für Kundoo, dass bewusstes und durchdachtes Bauen den Unterschied macht. Dazu gehört auch mit den Händen zu denken und zu arbeiten...
Anupama Kundoo schloss ihr Studium 1989 an der Universität Mumbai ab und promovierte 2008 an der TU Berlin. Ihre forschungsorientierte Praxis hat eine auf den Menschen ausgerichtete Architektur hervorgebracht. Sie hat an verschiedenen internationalen Universitäten Architektur und Stadtmanagement gelehrt und dabei ihr Fachwissen im Hinblick auf die Urbanisierung und den Klimawandel vertieft, unter anderem an der Yale University und an der Columbia University. Sie erhielt den RIBA Charles Jencks Award für ihren Beitrag zur Architekturtheorie, den Auguste-Perret-Preis 2021 für Architekturtechnologie, den globalen Preis Building Sense Now 2021 der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und den Global Award for Sustainable architecture unter der Schirmherrschaft der UNESCO im Jahr 2022.