Die Klimakrise stellt Städte weltweit vor große Herausforderungen. Steigende Temperaturen, Hitzewellen und Starkregenereignisse erfordern neue Konzepte für eine nachhaltige und klimaresiliente Stadtentwicklung. Insbesondere das Mikroklima urbaner Räume muss in den Fokus rücken, um trotz sich verändernder klimatischer Bedingungen lebenswerte Städte zu erhalten.
Klimaresilientes Bauen ist dabei ein zentraler Ansatz, um Gebäude und Stadtstrukturen an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Ein herausragendes Beispiel für eine solche Transformation ist der Hochbunker auf St. Pauli in Hamburg, der sich von einem grauen Relikt der Vergangenheit zu einem grünen Leuchtturmprojekt entwickelt hat.
Der ehemalige Flakbunker wurde 1942 während des Zweiten Weltkriegs als Schutzraum für die Hamburger Bevölkerung errichtet. Mit seinen massiven Betonwänden überstand er die Bombenangriffe weitgehend unbeschadet und blieb jahrzehntelang ein stummer Zeuge des Krieges. Nach verschiedenen Zwischennutzungen begann schließlich ein umfangreiches Umbauprojekt, das den Bunker in eine nachhaltige Oase mitten in der Stadt verwandelte.
In den vergangenen fünf Jahren wurde der Bunker St. Pauli um fünf pyramidenförmige Geschosse erweitert und mit 4.700 Bäumen, Gehölzen und Sträuchern, 16.000 Stauden und unzähligen Kletterpflanzen bepflanzt. Es handelt sich um sorgfältig ausgewählte Pflanzenarten, die vor allem im nordeuropäischen und alpinen Raum beheimatet sind und Frost, Hitze und Stürmen in über 50 Metern Höhe standhalten. Größere Gehölze werden zusätzlich unterirdisch verankert, um sie vor Sturmböen zu schützen, und ein Landschaftsgärtnerteam mit Industriekletterern wird den Stadtgarten regelmäßig pflegen. Die extensive Dachbegrünung mit Bäumen, Sträuchern und Wildblumen wirkt kühlend, bindet CO₂ und verbessert die Luftqualität. Außerdem trägt die Begrünung zur Speicherung von Regenwasser bei und entlastet so die städtische Kanalisation bei Starkregenereignissen. Um die Effekte der Begrünung genau zu belegen, werden in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der TU Berlin im gesamten Bunker Sensoren installiert, die fünf Jahre lang Daten zu Verdunstungskälte und Wärmedämmung erfassen. Die Erkenntnisse über die Wirkung der Pflanzen auf das Gebäude werden ausgewertet und können zukünftig für ähnliche Projekte zur Verfügung gestellt werden.
Der Grüne Bunker gilt zu Recht als spektakuläres Highlight im Hamburger Stadtbild: ein öffentlich frei zugänglicher Dachgarten in 58 Metern Höhe mit insgesamt mehr als 10.000 Quadratmetern Grün-, Fassaden- und Gemeinschaftsflächen. Hinzu kommen Räume für Stadtteilkultur, Ausstellungsflächen, Urban-Gardening-Möglichkeiten, Wohnraum für Stipendiaten und Künstler, eine moderne Dreifeldhalle für Schulsport und Kulturveranstaltungen sowie ein Hotel „Reverb by Hard Rock“ mit 134 Zimmern. Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung sollten mehr Städte solche Konzepte in ihre Planungen einbeziehen, um urbane Räume zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten.
Die landschaftsarchitektonische Vision einer begrünten Aufstockung wurde mit Hilfe einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung umgesetzt. Und noch eine Besonderheit weist das Projekt auf: Die vom Bauherrn, der Matzen Immobilien KG, privat finanzierten Kosten belaufen sich auf rund 100 Millionen Euro. Die Kosten für die Pflege des öffentlichen Stadtgartens mit insgesamt 23.000 Pflanzen trägt ebenfalls der Bauherr. Gerne mehr davon.